Carl Speglitz

Carl Speglitz war und ist Kunstmaler mit Leib und Seele.
Als Lehrer war es ihm ein Anliegen, den Schülern etwas Grundlegendes zu vermitteln, das als Fundament für die eigene künstlerische Entwicklung dienen konnte. Er hielt nichts von Tricks für „geniale“ oberflächliche Effekte in der Malerei. Ein schnell mit methodischen Effekten hingemaltes Bild kann vielleicht auf den ersten Blick bestechen. Doch es wird schnell an Kraft verlieren, da es ihm an Tiefe mangelt und die Oberfläche bald langweilig wird.
Wahrhaftigkeit ist Carl Speglitz wichtig.
Und Grundlage für Wahrhaftigkeit in der bildnerischen Kunst sind die Kentnisse von Material, Technik und den Gesetzen der Bildgestaltung. Damit ist ein Schüler in der Lage, seinen eigenen künstlerischen Weg zu finden.

Ein ganz entscheidender Punkt, der Carl Speglitz zu einem sehr beliebten Lehrer gemacht hat, ist der Umstand, dass er alles in seinem Alltag mit den Augen des Malers sieht. Dies konnte sich so zeigen, dass er den Schülern während eines Malkurses in der Pause am Kaffeetisch zum Beispiel eine interessante kompositionelle Motivsituation der Kaffeetassen und Serviettten auf dem Tischtuch zeigte. Das künstlerische Auge macht keine Pause. Diese Einstellung wirkte keineswegs obsessiv, sie war einfach ungeheuer spannend und motivierend.
Diese Motivation gab den Schülern die Kraft Rückschläge und Zweifel zu überwinden und mit neuer Kraft und Freude auf dem künstlerischen Wege weiterzuforschen

Die Kunst von Carl Speglitz
Carl Speglitz war kein Schnellmaler.
Seine Freude, Achtsamkeit und Gründlichkeit geboten es ihm, immer den direkten Kontakt mit dem Motiv zu suchen. Wenn er nicht im Atelier an Stilleben oder Akten malte, so wanderte er jeden Tag oft stundenlang zu seinem Malplatz in der Natur. Diese Orte waren die Küstendörfer am Mittelmeer wie die Lavendelfelder in der Provence. Bauerndörfer, Flüsse und Bergbäche in der Schweiz und sehr oft die Gebirgslandschaft mit ihren imposanten Gipfeln und Massiven.
Am Malplatz bearbeitete er ein Motiv oft in wochenlanger intensiver Arbeit. Meist begann diese Arbeit mit den ersten Erkundungen mittels Zeichnungen. Dann vielleicht mal einige Aquarellskizzen. Darauf folgte oft eine Studie in Gouache bevor er die grosse Leinwand für ein Oelbild hervorholte. An diesem Oelgemälde malte er dann oft viele Tage lang in intensivstem Dialog mit dem Motiv, mit Licht- und Farbklängen, mit Formen und Bezügen. In solchen Stunden meditativer Konzentration im Dialog mit Bild und Motiv verblassen das Umgebende, verblassen Sorgen und Kummer des Alltags. Eine innere Reinheit entsteht.
Das Motiv wird zum Quell für das Bild und es kann soweit gehen, dass das Motiv auf dem Bild nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar ist. Doch nichts ist Zufall, kein Element auf dem Bild hinzugefügt, nur weil es sich dort grad gut macht. Alles ist aus dem Motiv herausgelesen. Jedes Element im Bild wurde im Motiv gefunden und nicht eins zu eins übernommen, sondern umgesetzt, wie es der Komposition zuträglich war. Dieser intensive Dialog mit dem Motiv in dem Bestreben nach Wahrhaftigkeit, gibt dem Bild Leben und Athmosphäre. Ueber allem steht immer der Gestaltungswille, getragen von der Suche nach der optimalen Komposition und einem aussergewöhnlich sicheren Gefühl für Farbklänge.

Ein ganz zentraler Aspekt in der Malerei von Carl Speglitz ist das Finden übergeordneter Formen und Beziehungen. Diese sind in der Natur des Motivs immer vorhanden - manchmal einfach etwas versteckt. Sie werden im Bild verstärkt, verdeutlicht und führen zu einen neuen Bild des Motivs.
Diese Beziehungen sind etwas wirklich Spannendes, wenn man sie in der Natur sucht - und immer findet. Es zeigt deutlich, dass in der Natur nichts für sich alleine steht, sondern dass alles miteinander in Beziehung steht, miteinander verbunden ist.
Wo unsere Wissenschaft immer mehr trennt und teilt und alles isoliert untersucht, sucht Carl Speglitz in seiner Malerei nach dem Verbindenden.
In diesem Sinne enthält seine Malerei seit Jahrzehnten eine überaus moderne Botschaft. Nämlich die der Ganzheit.

Bernhard Bettschen • Februar 2003

Kurzbiografie von Carl Speglitz

1912 geboren am 17.12.1912 in Köflach (Steiermark).
1914 Der Vater wird als österreichischer Staatsangehöriger zum Kriegsdienst eingezogen.
1917 Uebersiedlung von Köflach nach Zürich zur Mutter.
1919 Rückkehr des Vaters aus russischer Kriegsgefangenschaft.
Schuleintritt in Zürich. Karls Neigung zum Zeichnen wird von den Lehrern wahrgenommen und gefördert.

1927 Umzug nach Bad Ragaz.
1928 Beginn einer Gärtnerlehre, weil ihm die Ausbildung zum Kunstmaler vom Vater verwehrt wird.
1929 Abbruch der Gärtnerlehre wegen Tod des Lehrmeisters. Ausbildung zum Dekorations- und Schriftenmaler.

1933–39 Entwerfer im ersten Siebdruckatelier der Schweiz in Zürich.
1938 Einbürgerung in der Stadt Zürich.
1939–41 Arbeit als selbständiger Schriftenmaler.
1941 RS als Nachgemusterter bei der Flab
1943–46 Kunstgewerbeschule Zürich bei Ernst Gubler (Zeichnen und Malen)
und bei Direktor Johannes Itten (Farbenlehre).

1947–48 Académie André Lhôte, Paris.
1947–60 Aufenthalt in Frankreich (als freischaffender Künstler und als Mitarbeiter in einem Architekturbüro) und in Schweden (1950)

1951 Académie Fernand Léger, Paris.
1960 Rückkehr in die Schweiz.
1962–64 Lehrer an den städtischen Zeichenklassen in Bern.
1964–79 Lehrer an der KGS Bern für "Farbiges Gestalten".
1979–2000 Eigene Malschule, gegründet durch seine Schüler von der KGS.
1998 Erkrankung an Kehlkopfkrebs, Operation und volle Genesung. Danach wieder im Atelier aktiv!

2005 Am 15. Januar stirbt Carl Speglitz unerwartet an einem akuten Herzstillstand im Pflegezentrum "tilia" in Köniz.