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Schamanische Seelenarbeit

Seelenteilrückholung

Ich sehe die Kinder, wie sie sich verstecken. Ich sehe das Gesicht jedes gebrochenen Kindes, starrende Augen, die nur die Dunkelheit erleuchtet. Wo gehen sie hin, um zu spielen, und wo legen sie sich hin, um zu schlafen?
Ich sehe ihre Gesichter in der Nacht, jedes zerbrochen und gesplitterten Geistes, auf immer narbengezeichnet, weil sie davonrennen mussten, um sich zu verstecken. Sie hoffen, niemals wieder verletzt zu werden. In ihren Augen sind die Tränen getrocknet und die rosigen Wangen sind ergraut. Wo wandern ihre Geister heute? Wo ist der Pfad nach Hause? Ich kann nicht trommeln, wenn ich nicht für sie trommle und indem ich für sie trommle, trommle ich für mich.

Stephan Van Buren

Als Ellen den Raum betrat, sah sie depressiv und entseelt aus. Ihr Lebensbericht bestätigte das; obgleich sie einen festen Job als Büroangestellte hatte, war sie in eine Reihe von sehr schmerzhaften, ungesunden Verhältnissen mit Männern verwickelt. Obwohl sie fast ständig über irgend etwas mit jemandem wütend war, versuchte sie doch verzweifelt das Glück zu erfahren, das sich ihr entzog. Ich fragte Ellen, ob sie sich wirklich verändern wolle und ob sie sich bei mir sicher fühle. Als sie beide Fragen mit einem festen Ja beantwortete, wusste ich, dass wir bereit waren um anzufangen.

Nachdem ich mein Gebet gesprochen und mich neben Ellen auf die Decke gelegt hatte, betrat ich einen Baumstamm, der mich in einen kühlen, dunklen Tunnel führte. Mein Haar streifte gegen die Decke des Tunnels und ich fühlte kühlen, braunen Schmutz, der sanft meine Wangen einstaubte. Ich wanderte den Tunnel hinab und bat im Stillen mein Krafttier, am anderen Ende auf mich zu warten. Zur gleichen Zeit konzentrierte ich mich auf meine Absicht, den verlorenen Teil von Ellen zu finden, der für sie zu dieser Zeit hilfreich sein würde.

Als ich den Tunnel verliess und ins Licht trat, ergriff mein Krafttier meine Hand so schnell, dass ich keine Zeit hatte, mich umzuschauen oder mit ihm verbal zu kommunizieren. Es begann mich tiefer und tiefer in die Erde zu führen, durch Bereiche, die als die Niedere Welt bekannt sind. Am Anfang richtete ich meine Aufmerksamkeit noch auf die Ebenen, die wir durchdrangen, aber bald schon hörte ich auf zu zählen, als wir durch endlos scheinende Lagen zu reisen schienen. Während wir reisten, zog sich meine Kehle zusammen und meine Haut fühlte sich klamm an, ich hatte eine Vorahnung von dem Ort, an den wir gehen würden.

Schliesslich erreichten wir eine Ebene, die öd und leer war. Ein klarer blauer Himmel warf unheimliches Licht auf hellen braunen Schmutz, der sich bis in die weit entfernten Berge zu erstrecken schien. Es gab keinen Flecken Grün und nirgendwo irgendwelches Leben. Mein Krafttier und ich wanderten zusammen auf der weichen Erde und fühlten die absolute Leere dieses Ortes. Langsam erreichten wir den Eingang einer Höhle, die in den Bergen lag; wobei um sie herum heruntergefallene Felsen verstreut lagen. Als wir in die rabenschwarze Dunkelheit der Höhle eintraten, begann mein Herz schneller zu schlagen. Ich wusste, dass wir uns in der Höhle der verlorenen Kinder befanden, einer der herzzerreissendsten Orte der inneren Welten. Als sich meine Augen an die Dunkelheit angepasst hatten, sah ich die Umrisse hunderter von Kindern aller Rassen, die in der Höhle versammelt waren. Hunderte von grossen, traurigen Augen - schwarzen, braunen und blauen - starrten mich an. Mein Herz zog sich vor Schmerz zusammen, als ich sie in ihrer zeitlosen Realität sah - verloren, unerwünscht und verschreckt. Die ganze Zeit wartend. Ich riss mich von meinem Schmerz los und konzentrierte mich wieder auf die Absicht, Ellen zu finden. Bald schon fühlte ich einen Zug am Solar-plexus, als ob sich eine Schnur von dort erstrecken würde, an welcher gezogen wird.
Ein Kind mit starken, stahlblauben Augen kam auf mich zu. Es war etwa fünf Jahre alt. Die Dunkelheit hielt mich davon ab, klar zu sehen, was sie trug. – "Bist du Ellen?"
Sie nickte bestätigend mit dem Kopf, ohne einen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Als ich sie fragte, ob sie mit mir zurückkommen wolle, griff sie nach meiner Hand und drückte sie so fest, dass sich ihre Nägel in meinen Arm gruben. Ich nahme eine ihrer Hände und mein Krafttier hielt ihre andere. Dann begannen wir die Höhle im Gleichschritt zu verlassen. Ich war mir der trauernden, starrenden Augen der anderen verstossenen Kinder bewusst, als wir sie verliessen.

Sobald wir ausserhalb der Höhle waren, beugte ich mich hinab und reinigte Ellens schmutziges, tränenvolles Gesicht. Sie erzählte mir, dass ihre Eltern so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen seien, dass sie Ellen vergessen hätten. Sie erzählte, dass ihre Mutter konstant betrunken gewesen sei, seit ihr Vater sie verlassen hatte, und dass es niemanden gab, der auf sie aufpasste.
Sie begann zu weinen: "Ich habe mich so gefürchtet!"

Ich fühlte mich durch ihren Schmerz leicht gelähmt, aber mein Krafttier, das immer voller Ueberraschungen steckt, sprang genau mit dem richtigen Mittel in die Bresche. Es griff sich Ellen und schnitt so lange Grimassen vor ihr, bis sich ein Lächeln zeigte. Dieses Lächeln linderte die Traurigkeit, die ich gefühlt hatte, seit ich die Höhle verlassen hatte.

Ich fragte Ellen, ob sie bereit sei, zu der erwachsenen Ellen zurückzukehren, die auf sie in der alltäglichen Wirklichkeit warte. Sie sagte, das sie fast bereit sei, dass sie aber zunächst noch eine Frage stellen möchte: "Weisst du, warum Ellen immer so wütend ist?" Ich antwortete, dass ich das nicht wüsste und sie sagte:"Ellen denkt, dass sie gross und böse zu sein hat, um mich zu beschützen. Ich brauche keinen Schutz. Ich brauche jemanden, der mich liebt."
Ich nahm das Kind in meine Arme und legte ihren Kopf an meine Schulter. Ich trug sie sanft in die alltägliche Wirklichkeit.

Ich blies das fünfjährige Kind der erwachsenen Ellen ein und rasselte viermal um sie. Ellen sagte sofort, dass sie eine willkommene Wärme in ihrem Solarplexus spürte.

Als ich Ellen meine Visionen mitteilte, bestätigte sie zwei Fakten, die ich vorher nicht gwusst hatte: Ihre Eltern trennten sich, als sie fünf Jahre alt gewesen sei und ihre Mutter sei Alkoholikerin gewesen. Sie wusste, dass sie zu dieser Zeit die Fähigkeit, anderen zu vertrauen, verloren hatte und dass dies ihre Fähigkeit, mit anderen Intimität zu erleben, beeinflusste. Während wir redeten, berichtete Ellen, dass sich die Wärme durch ihren ganzen Körper ausgebreitet hätte.

Auszug aus dem Buch "Soul Retrieval" von Sandra Ingerman
Uebersetzung: Wolf W. KaminskiDieses Interview stammt aus der KREISZEIT von 1998


Kristallreiter

Dumpfes Verlangen und alte Schuld
die rastlose Seele
fesseln mit glühenden
Bändern reissenden Schmerzes
Von den Lieben ignoriert
verzweifeltes Leuchten in
sternenloser Nacht
Bis der Kristallreiter
auf Trommelklang
die alten Ketten sprengt
und in das dumpfe Dunkel
Licht des Verstehens bringt
weg nimmt er die
Bürde alter Schuld und
lässt ins Vergeben sie fallen
Sterne der Liebe und
des Verzeihens glühen auf
und die befreite Seele
schwingt sich empor
auf gleissenden Flügeln
hin zum Verschmelzen
mit dem ewigen Licht


Barlok