nach oben

Geistermedizin

Heilen im Schamanismus von Sonja Emilia Roppele

Das Fundament des schamanischen Heilens ist keine Lehre im üblichen Sinne, wie wir sie aus der Homöopathie, der chinesischen Medizin, der Ayurveda, etc. kennen. Der Schamanismus nützt den Erfahrungsschatz vieler Generationen, die Heilkräfte der Elemente, der Natur und des Kosmos wahrzunehmen, zu verstehen, zu lenken und anzuwenden. Dabei wird grundsätzlich mit dem Spirit, der Seele, den Geistern dieser Kräfte gearbeitet.

Mit "Spirits" ist jene unsichtbare Schöpferintelligenz gemeint, die jeder Pflanze, jedem Tier, jedem Stein, den Elementen, den kosmischen Welten, ja selbst jedem Atom innewohnt. Schamanen wissen um diesen "Geist" in allen Dingen. Sie wissen, dass alles miteinander verbunden ist, sich gegenseitig unterstützt und auch Wechselwirkungen hat. Und somit ist es eine der Hauptaufgaben des Schamanen, die Welt der Spirits mit der körperlichen, psychischen und mentalen Welt in Einklang zu bringen und Harmonie und Balance zu halten.

Verschiedene Heilungs-Konzepte

Die Hauptaufgabe eines Schamanen beim Heilen ist es, die spirituellen Voraussetzungen für die Genesung eines Patienten zu schaffen. Ein Schamane arbeitet nie in erster Linie körperlich und auch nicht psychologisch, sondern spirituell. Der Umgang mit Heilkräutern, Medizin, Handauflegen, Chakren etc. spielt eine untergeordnete Rolle.
Im uns bekanntesten Sinne von Heilarbeit wird einem Patienten eine Medizin oder ein Heilkraut verordnet, damit dies in seinem Organismus eine ganz bestimmte heilende oder lindernde Wirkung hervorruft. In der Homöopathie wird das Heilkonzept schon feinstofflicher: Stoffe aus der Natur - teilweise hochgiftig - werden durch ein bestimmtes Herstellungsverfahren so stark verdünnt, dass sich in den homöopathischen Kügelchen, Tabletten oder Tropfen kein einziges Molekül des ursprünglichen Stoffes befindet. Die Substanz, die wir einnehmen, dient dann lediglich als Träger für die reine Energie des Wirkstoffes.

Das schamanische Heilverständnis

Die Schamanen gehen noch einen Schritt weiter: Der Schamane steht mit der Welt der Geister und der Götter in Verbindung. Er ist ein Wanderer zwischen diesen Welten. Die Geister (Spirits) sind seine Verbündeten und Helfer. Wenn sich der Schamane in eine nicht alltägliche Bewusstseinsebene versetzt, kann er mit Hilfe seiner Spirits in andere Wirklichkeiten reisen - dort verrichtet er entweder die notwendigen Heilarbeiten oder sammelt Erkenntnisse, Informationen und Rat. Hier fungiert also der Schamane als Medium, als Überbringer spiritueller Heilkräfte: Er bittet seine Spirits um Hilfe für seine Klienten - die Ausführenden und Heilenden sind dann diese spirituellen Kräfte. Hier mag der Vergleich eines Geistheilers oder eines Geistlichen helfen. Auch diese sehen sich als Kanal für eine göttliche Kraft - nicht sie selbst sind die Heilenden, sondern höhere Kräfte, welche durch ihre Vermittlung in den Körper des Patienten einfließen können und die Selbstheilung aktivieren.
Aus schamanischer Sicht sind die Übertragungsmöglichkeiten der spirituellen Kräfte für die Gesundung des Klienten sehr vielfältig. Erhält ein Schamane zum Beispiel von seinen spirituellen Kräften die Information, dass eine bestimmte Pflanze den Heilprozess des Klienten unterstützt, kann die Heilkraft dieser Pflanze in verschiedener Weise
übertragen werden:

  • Der Schamane unternimmt eine Reise in die nichtalltägliche Wirklichkeit und besucht das spirituelle Energiefeld dieser Pflanze. Mit Hilfe seiner Geister transportiert er die Heilkraft aus der spirituellen Wirklichkeit (Nagual genannt) in die alltägliche Wirklichkeit (Tonal). Zurück von dieser Reise wird er die Heilkraft der Pflanze einblasen, einrasseln, eintrommeln, über die Hände einleiten, über einen Gesang
    einschwingen…
  • Der Schamane nimmt diese Pflanze selbst ein (als Tee oder er kaut ein Blatt), um die Information der Pflanze über die Schleimhäute aufzunehmen. Dann überträgt er die Heilwirkung auf den Patienten.
  • Die Pflanze wird vom Patienten selbst eingenommen. Dies kann durchaus eine Pflanze sein, die keinerlei chemisch nachweisbare Wirkstoffe beinhaltet, welche förderlich für die Gesundung des Klienten wären. Eine solche Pflanze wurde dann darum gewählt, weil sie eine Medizinpflanze ist, mit deren spiritueller Energie der Schamane persönlich gut arbeitet - ein pflanzlicher Verbündeter sozusagen. Ihre Kraft liegt nicht darin, dass sie krankheitsspezifische Stoffe enthält, sondern diese Pflanze ist dann der Träger der heilenden Kräfte des Schamanen, der heilenden Kräfte seiner spirituellen Helfer und Geister. Welche dieser drei Vorgangsweisen der Schamane in welchem Fall wählt, teilen ihm übrigens seine Geister mit.

Heilen von spirituellen Feldern

Nach schamanischer Vorstellung hat jeder Mensch auf körperlicher wie auf psychischer und mentaler Ebene verschiedene Kräfte und Energiefelder, die auch Verbindungstore in die spirituellen Nagualwelten sind. So besitzt z.B. jeder Mensch ein Krafttier. Unser Kraftier repräsentiert eine Energiefrequenz, die unser Leben heilend, stärkend und unterstützend begleitet. Vernachlässigen wir nun unseren Körper, unsere Psyche oder unseren Geist (z. B. durch Drogen- oder Medikamentenmissbrauch, Fehlernährung, mangelnde Bewegung, durch Phlegma und Sichgehenlassen, durch negative Gefühle wie Neid, Missgunst…), wird sich unser Krafttier bei uns nicht mehr wohl fühlen und unser Energiefeld verlassen. Es entsteht ein Defizit, ein leerer Raum, welcher mit einer Energie besetzt wird, die dort fehl am Platze ist. Schwäche, Erkrankungen und Beschwerden entstehen. Auch andere spirituelle Energien und Kräfteausrichtungen verlassen uns, wenn wir nicht gut auf uns selber schauen. Schwere Schicksalsschläge, Liebeskummer, Traumas und Stress hingegen können im schamanischen Heilkonzept zur Flucht von Seelenanteilen führen. Wir kennen dieses Phänomen aus der Psychologie als Partielle Dissoziation. Hier entsteht dann im Seelenfeld ein Vakuum, welches durch eine Energie aufgefüllt wird, die dort nicht hingehört. Ein Schamane kann nun unter Hilfe seiner Krafttiere und Verbündeten die verlorenen Kräfte und Energien wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückführen.

Hilfe zur Selbstheilung

Im schamanischen Sinne gibt es weder gut noch böse. Alles ist neutral. Nur wenn irgendwo ein Defizit ist oder etwas einen Platz eingenommen hat, wo es nicht hingehört, muss es wieder in ein harmonisches Gleichgewicht gebracht werden. Und dies ist die Kunst eines Schamanen. Er ist ein Vermittler heilender spiritueller Kräfte, welche die negativen Energiefelder in positive Kräfte umwandeln. Ein Schamane wird niemals eine fachspezifische ärztliche Betreuung ersetzen. Aber er kann dabei helfen, einen Selbstheilungsprozess in Gang zu setzen, der sich auf einer spirituellen Ebene abspielt und sich in den psychischen und körperlichen Energiefeldern des Patienten manifestiert.
Eine Akzeptanz Schamanischer Heilarbeit erfordert sicherlich, Grenzen unseres westlichen Denkens zu überwinden und zu überschreiten. Die Effektivität dieser Arbeit spricht aber für sich. 1980 wurde dem Schamanismus von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Behandlung von psychosomatischen Krankheiten die selbe Bedeutung zuerkannt, wie der westlichen Medizin. Inzwischen werden auch schon an verschiedenen Unikliniken Deutschlands schamanische Methoden wissenschaftlich begleitet und erforscht.